Biberella

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Kapitel 4

Kapitel 4

    Biberella ging zum Nachdenken gerne hinaus. Sie spazierte oft an dem Canyon entlang, der sich im Hinterland von Tarsis-City erstreckte. Sie genoß dabei die Ruhe der Einsamkeit, der man dort begegnet, denn kaum einer aus der Stadt kam hierher. Zu öde schien dieser Ort zu sein, aber eben diese Ödnis war es, die Biberella ungemein beim Nachdenken half. Sie schlenderte tief in Gedanken versunken entlang des Canyons und blickte dabei in den blauvioletten Himmel.

    Wie ging der Kerl vor? Täuschte er alle Saloons, die er belieferte so? Kannte er die Lieferpläne? Das Transportschiff hat nur eine bestimmte Reichweite, kann sich also nur in einem gewissen Bereich bewegen. Somit wäre der Kerl noch immer in der Nähe von Tarsis. Angenommen er verrechnet immer eine volle Lieferung und hat dabei aber nur wenig Bier in die Silos gepumpt... und vorausgesetzt niemand hätte diesen Schwindel bemerkt... dann würden in den Saloons auf allen Planeten und Planetoiden in der Nachbarschaft von Tarsis schnell die Biervorräte zu Neige gehen. Und dann müsste man auf eine neue Lieferung warten... eine Lieferung, die die Brauerei nicht so schnell liefern kann. Das gibt Ärger mit der Bevölkerung. Diesen zu vermeiden, hieße, Bier zu besorgen... egal woher... oder von wem...

    Biberellas Gedanken rasten. Wie immer hatte der Spaziergang durch das Ödland ihren Geist befeuert und langsam formte sich in ihrem hübschen Köpfchen ein Plan, wie man diesem Treiben ein Ende bereiten könnte. Flugs eilte Biberella zurück zu ihrem Wohnmodul.
Sie kontaktierte sämtliche Saloons in der Reichweite des Transportschiffs und ihre Vermutung bestätigte sich. In allen Saloons ging nach kurzer Zeit das Bier aus!

    Nun war Biberella in ihrem Element. Sie lief schnell in den Saloon, durchschritt ihn erneut mit wiegenden Hüften, jedoch nahm sie diesmal die gierigen Blicke der Saloongäste gar nicht wahr. Bei Luni angekommen sagte sie etwas außer Atem: „Luni, bestell Bier. Schnellstmöglich!“
    Die Wirtin stutze einen Moment und blickte etwas ratlos umher bevor sie mit einem gedehnten: „Ooookaaaay....“ dann doch tat, was Biberella von ihr forderte. Die Bestellung war aufgegeben und natürlich wurde Luni auf die nächste Lieferung in fast zwei Monaten vertröstet. „Erklärst Du mir nun, was Du vorhast?“ fragte die schwarzhaarige Wirtin Biberella.
    Diese begann zu lächeln, warf keck mit einer Hand eine Lockensträhne, die sich vor ihr Gesicht geschmuggelt hatte, zurück und säuselte beinahe: „Warte es ab. Wirst schon sehen.“ Dabei zwinkerte sie ihr fast konspirativ zu. Danach drehte sie sich um und ging an Günnis Tisch, an dem der Kleine recht vergnügt saß. Eigentlich wirkte er immer recht vergnügt, wenn er da saß. Biberella trat an Günni heran und streichelte ihm sanft über seine gedrungene Stirn und die schwarzen, kurzen Haare hinweg. Da leuchteten seine Äuglein und er ließ ein freudiges „Hö?“ von sich vernehmen.
    „Günni. Ich möchte, dass Du mir einen Gefallen tust.“ In Biberellas Stimme schwankte sogar ein Hauch von Erotik mit, als sie diese Bitte an Günni richtete. „Verstecke Dich bitte in der Gerätetruhe hinter dem Saloon. Sei mucksmäuschenstill und beobachte alles, wirklich alles ganz genau.“
    Der kleine Günni sprang auf, zwitscherte ein „Hö,hö!“ und tippelte zu der Hintertür des Saloons hinaus. Auch wenn Günni eine etwas merkwürdige Erscheinung war und man sich oft fragen musste, was in seinem kleinen Köpfchen vor sich ging, war er eine liebe Seele, immer hilfsbereit und entgegen allem Anschein äußerst zuverlässig.

    Nun hieß es warten. Harren der Dinge, die nun geschehen sollten, wenn denn Biberellas Plan aufginge. Sie ging von Günnis Tisch wieder zur Theke und setzte sich auf einen der Barhocker, der in diesem Moment von mehr als einem der männlichen Saloongäste um diese Ehre beneidet wurde.
    „Luni, mach mir bitte was zu trinken.“
    „Ja, aber was denn? Ich habe doch nichts mehr...“ sagte die Wirtin eine Spur zu larmoyant.
    „Dann ... gib mir ... halt... WASSER!“ stotterte Biberella, die selbst nicht so recht glauben konnte, dass sie diese Worte überhaupt über die Lippen brachte.
    Alle Augen waren nun auf sie gerichtet. Nach kurzer Totenstille war der Saloon mit einem Getuschel gefüllt und Biberella drehte sich auf dem Hocker um, schaute jeden Einzelnen im Saloon an, der sofort verstummte, als ihn der Blick aus ihren blauen Augen traf.

    So verging die Zeit. Die Gäste im Saloon unterhielten sich oder spielten und tranken dabei, was die Wirtin ihnen eben servieren konnte. Plötzlich unterbrach der Computer mit der Meldung einer Gesprächsanfrage dieses Treiben.
    Luni schaute verdutzt auf den Absender. Der Lieferant der Brauerei!
    Biberella lächelte, ihr Plan scheint aufzugehen.
    „Geh ran, Luni.“, sagte sie beinahe amüsiert und die Wirtin nahm das Gespräch entgegen.
    „Tarsis-City-Saloon. Luni hier. Was kann ich für Sie tun?“ Korrekt wie immer. Der Monitor zeigte aber nur ein diffuses, stark verrauschtes Bild auf dem man kaum etwas erkennen konnte.
    „Sie haben eine neue Lieferung Bier bestellt?“ erklang es mit einem deutlichen österreichischem Akzent.
    „Ja, wir brauchen dringend neues Bier. Die Vorräte sind alle. Wann können Sie denn liefern?“ fragte Luni, der langsam einleuchtete, was Biberella vorhatte.
    „Na, i bin ja in der Näh, des kann i am Obend no.“ erklang die Stimme etwas verzerrt.
    „Ja bitte, so schnell wie möglich.“ sagte Luni.
    „Jo eeeeeh, Express is deier.... dös wissens scho?“
    „Egal, wir brauchen Bier! Können Sie es heute noch liefern oder nicht?“
    „Scho.“ Kurz und knapp. Die Verbindung war beendet.
    „Äh...?“ Luni war etwas verdutzt, ob des plötzlichen Gesprächsabbruchs und warf Biberella einen fragenden Blick zu.
    Die Sicherheitsbeauftragte von Tarsis-City strahlte über das ganze Gesicht und ein Leuchten schlich sich in ihre blauen Augen. „Jetzt haben wir ihn!!“ jubilierte sie.
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