Biberella

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Kapitel 5

Kapitel 5

    Massige Staubwolken stiegen unter dem Transportschiff vom Boden auf, als dieses am frühen Abend hinter dem Saloon von Tarsis-City zur Landung ansetzte. Luni, Biberella und ein paar Gäste des Saloons warteten unter dem Vordach an der Hintertür darauf, dass die Landung vollzogen war. Aus dem Schiff trat ein mittelgroßer Mann mit kurzgeschorenen blonden Haaren. Sein fleckiger graublauer Overall machte einen schäbigen Eindruck und passte so gar nicht zu dem üblichen und wohlbekannten gelbbraunen Design der Brauerei. Als er zu Luni trat, konnte sie auf seiner Brust in einem weißen bestickten Oval den Namen Bernd lesen.
    „Guten Abend... Bernd.“ begrüßte die Wirtin den Lieferanten, der anstatt zurück zu grüßen nur mit der Hand abwinkt.
    „Wieviel Bier wollens denn?“ patzte er heraus.
    Luni zeigte auf das Silo und meinte mit einem charmanten Lächeln: „Volltanken, bitte.“
    „ Jo eh.“ war alles, was Bernd von sich hören ließ, als er umkehrte, zum Schiff lief und aus einer Luke an der Seite einen Schlauch zog. Damit ging Bernd zum Stutzen am Silo, schloß den Schlauch an und notierte den Stand des Zählers, der sich am Anschlußteil des Schlauchs befand.
    Biberella beobachtete alles ganz genau.
    Bernd schien alles korrekt zu machen. Er notierte und kontrollierte und öffnete dann das Ventil. Das Bier schien mit hörbarem Rauschen ins Silo zu fließen.
Biberella hatte allerdings ihre Hausaufgaben gemacht und sich in der Zwischenzeit mit der Materie vertraut gemacht. Sie wusste mittlerweile, wie diese Anlage aufgebaut war und wie die Komponenten aussahen. Auch auf den früheren Überwachungsvideos studierte sie jede Einzelheit ganz genau. Und deswegen fiel ihr auch die deutliche Verdickung unterhalb des Anschlußstückes des Schlauchs auf, die ihren Argwohn auf sich zog. Als Biberella zum Silo ging, um sich das genauer anzusehen, rief Bernd plötzlich in ungehaltenem Tonfall: „He, geh weg... du Pute. Schleich Di!“

    Die Reaktion war mehr als deutlich und zeigte Biberella sofort, dass sie voll und ganz auf der richtigen Spur war. Von Bernds Rufen unbeindruckt näherte sie sich dem Stutzen und sah dem Zeiger des Zählers zu, wie er sich stetig im Kreis drehte. Plötzlich wurde sie unsanft an der Schulter nach hinten gezogen. Überraschend heftig, sodass sie unversehens auf ihrem Hintern landete.
    „Na, bist deppert?! Da hast nix verlur‘n.“ raunzte Bernd und kümmerte sich kein Stück mehr um Biberella.
    Alle Anwesenden staunten über dieses Schauspiel. Doch Biberella warf sowas nicht aus der Bahn. Sie knirschte zwar mit ihren Biberzähnchen, aber die Wut, die in ihr aufstieg schluckte sie nicht runter. Biberella erhob sich in dem Moment, als Bernd nahe der Gerätetruhe stand, in der sie Günni wusste. Laut rief sie: „Günni! Fass!!“
    Der Deckel der Truhe flog nach oben und Günni schnellte heraus, packte Bernd von hinten, der völlig perplex reglos wurde. Biberella eilte auf die Beiden zu, wobei sie ein Paar Handschellen aus ihren Stiefelschäften holte, die sie Bernd anlegte, damit Günni ihn wieder loslassen konnte. Dieser gluckste vergnügt, als Biberella ihm zum Dank ein Küsschen auf die Wangen gab.

    Luni und die anderen Gäste betrachteten die Szene und Biberella ging lächelnd auf die Wirtin zu, nahm sie an der Hand und sagte: „Komm. Ich zeige Dir, was hier los ist.“
    Am Stutzen deutete Biberella auf die Verdickung und erklärte: „Hier läuft der Betrug ab. Der Zähler dreht, weil Bier aus dem Tank des Schiffes zwar durch den Zähler läuft, dann aber nicht ins Silo kommt. Zumindest nicht ganz. Ein kleiner Teil nur landet im Silo, der größere Teil läuft durch diesen unteren Schlauch wieder zurück ins Schiff. Wer nicht aufpasst oder sich von Bernd zuquatschen lässt, wenn er den Erhalt der Lieferung quittiert haben möchte, der merkt gar nicht, dass kaum etwas im Silo ist, obwohl ja eine gehörige Zeit getankt wurde und das Sirren der Zähleruhr zu hören war. Also zeichnet man einfach ab, bezahlt und wundert sich dann, dass kein Bier mehr kommt.“

    Luni staunte nicht schlecht und nun fiel ihr auch wieder ein, dass der Lieferant sie ständig bequatschte und ihr währenddessen die Quittung vorhielt, damit sie die endlich abzeichnet.
    Voller Dankbarkeit umarmte Luni Biberella, die sich dann ganz pflichtbewusst um die Inhaftierung Bernds kümmerte. Günni selbst trippelte wieder zurück in den Saloon und Luni füllte das Silo randvoll mit Bier.

    Nachdem Bernd in sicherer Verwahrung war, kontaktierte Biberella die Brauerei und erstattete Bericht. Dabei erfuhr sie auch, dass der eigentliche Transporteur mittlerweile gefunden wurde und wohlauf sei. Die Polizei schicke in den nächsten Tagen von der Erde ein paar Beamte, die den Bierpiraten Bernd dann in die Heimat bringen werden, damit man ihn dem Richter vorführen könne. Selbstverständlich bedankte sich die Brauerei bei Biberella mit einem Gutschein zur kostenlosen Besichtigung des Brauereigeländes... was Biberella dankend ablehnte. Ihre Gedanken diesbezüglich darf der Autor aus Jugendschutzgründen hier nicht wiedergeben.

    Biberella konnte nun den Fall abschließen und begab sich in den Saloon, wo sie Günni vergnügt vor einem Gläschchen Bier an seinem Tisch sitzen sah, die lüsternen Blicke der Herren spürte und Luni lächelnd zum „Biberella"-Glas griff und dieses mit köstlichem Bier füllte, während Biberella dem Barhocker das Glück bescherte, das den Herren im Saloon verwehrt blieb. Prost!
E N D E
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